Interviews Betroffene


1)

Interview einer Betroffenen (weiblich; 40-50 Jahre alt), die 2008 an Brustkrebs erkrankte. Mittlerweile ist ihre Therapie abgeschlossen, sie geht aber noch zu jährlichen Vorsorge-Kontrollen. Sie bemerkte ihre Erkrankung durch ein Stechen und Ziehen in der Brust. Damals reagierten alle Angehörigen sehr schockiert, doch ihre Familie, vor allem ihre Kinder, unterstützten Sie und machten/machen Ihr Mut. Sie

würde allen Angehörigen von Erkrankten raten, einfach so zu bleiben, wie sie sind und sich normal zu verhalten. Dabei positiv in die Zukunft zu schauen, hilft allen. Die Interviewte berichtet davon, dass sie sich durch ihre Ärzte sehr gut unterstützt fühlt. Jetzt nachdem sie ihre Erkrankung besiegt hat, lebt sie jeden Tag intensiver und freut sich immer auf den nächsten Tag. Gedanken über den Tod macht sie sich dabei nicht so gerne, weil sie hofft, nicht wieder zu erkranken.

2)

In diesem Interview erzählt eine Betroffene (weiblich, 46 Jahre alt) sehr ausführlich, wie sie die Zeit seit der Diagnose (Juli 2015) bis jetzt (April 2016) wahrnimmt. Man erfährt, dass sie die Veränderung an ihrer Brust selber entdeckt hat und dass alles vom Arzt zuerst herunter gespielt wurde. Zurzeit geht sie noch regelmäßig zur Chemotherapie, auch von den Erfahrungen, die sie dort macht, wird berichtet.

Anderen Betroffenen würde sie empfehlen sich gut zu informieren über die Krankheit und alles was dazu gehört. Die Behandlung nimmt viel Zeit und Kraft in Anspruch und auch das „normale“ Leben ändert sich. Es wird viel nachgedacht, wobei oft auch Ängste einen großen Platz einnehmen. Die Betroffene rät, dass jeder sich eine Methode suchen sollte, die ihn ablenkt und zur Ruhe kommen lässt. Ihre Erkrankung versteht sie als eine Art Weckruf, erst mal nachzudenken bevor man handelt. Für die Zukunft wünscht sie sich natürlich wieder richtig gesund zu werden und es auch zu bleiben.

 

Interview

Im folgenden Text werden Sie des Öfteren dieses Zeichen vorfinden "(...)". Dabei wurde der Sinn nicht verändert, sondern nur umgangssprachliche Satzbausteine verändert, sodass der Text leichter zu lesen ist.

 

Frage: Wie geht es Ihnen?

 

Ja jetzt eigentlich ganz gut. Ich bin zwar noch in der Behandlung (…), ich bin jetzt in der Bestrahlung, das heißt das Ende der Behandlung. Ja es ist okay, also es könnte besser sein, aber ist Okay.

 

 

Wie läuft es mit der Therapie?

 

Also im Prinzip wurde das im August letzten Jahres festgestellt, indem ich das selbst gefühlt habe und bin dann zur Mammographie gegangen. Und da wurde das im Prinzip festgestellt, man hat es gesehen. Vom Ablauf, da musste man so eine Biopsie machen, das heißt man hat einmal so darein gepiekst und quasi das Material dann untersucht und dann war es definitiv Brustkrebs. (…) Dann war klar, es muss operiert werden, das es bösartig ist, also der Tumor muss raus. Als der dann draußen war, guckt man dann auch immer die Lymphknoten an, leider war dann einer auch befallen, so dass ich noch einmal operiert werden musste. Und nach der OP geht es da darum, wie es weiter geht, da macht man im Prinzip ein Plan mit dem Arzt und mehreren Leuten und überlegt sich was. Bei mir war das so, dass (…) die Chemotherapie für ein halbes Jahr anstand und nach der Chemotherapie (…) die Bestrahlung kommt und auch im Moment dran ist und nach der Bestrahlung ist es im Prinzip fertig. Bei mir jetzt speziell fängt man auch noch mit einem Medikament an, was ich für 5 beziehungsweise 7 Jahre nehmen muss.

 

Das ist aber ganz schön viel!

 

Ja (lachen) auf der einen Seite gibt so ein fester Plan einem natürlich Halt(…), also man muss da jede Woche hingehen, oder alle 3 Wochen, man ist da so ein bisschen aufgefangen. Auf der anderen Seite ist es natürlich sehr viel, ich muss jetzt jeden Tag nach Buchholz (..), also es ist okay, weil man will ja gesund werden, aber es ist halt auch ein bisschen anstrengend, psychisch, weil man jeden Tag wieder daran erinnert wird.

 

 

Können Sie uns Brustkrebs in eigenen Worten erklären?

 

(…)  Brustkrebs ist eine Veränderung von Zellen in deinem Körper, die sich halt bösartig entwickelt haben. Ich fand das ganz schön, ein Arzt hat mal gesagt, weil man natürlich auch wissen will was man falsch gemacht hat, dass ist so eine Art Betriebsunfall im System Körper. Also kann man so sehen, man kann es natürlich auch anders sehen, aber ich finde das trifft es ganz gut. Wir alle haben ja ganz viele Zellen und da ist dann halt mal was aus dem Ruder gelaufen. Was aber auch ein bisschen erschreckend ist, weil man natürlich Angst hat, dass es wieder passiert.

 

 

Wie haben Sie Ihre Erkrankung bemerkt?

 

Ich hab das gesehen, also die Brust sah anders aus, die Brustwarze war so ein bisschen verändert. Und ich bin dann zum Frauenarzt, der hat aber erst gar nichts bemerkt, also abgetastet und nichts gefühlt. Und ich selber war dann aber sehr sensibilisiert und hab jeden Tag rumgefühlt und gemacht und hab dann irgendwann was gefühlt und dann sozusagen alle Ärzte verrückt gemacht, dass ich doch einen schnellen Termin in der Mammographie bekomme und hab das dann so gemerkt.

 

 

Hat der Arzt dann auch kein Ultraschall durchgeführt oder so?

 

Ne, also beim ersten Mal nicht, der hat das auch gesehen, dass es eine Veränderung gab, hat auch abgetastet, hat aber nichts gefühlt und dann gesagt, gehen Sie mal zur Mammographie. Das Problem ist aber, dass Mammographie-Termine sehr weit im Voraus gemacht werden müssen, also ich habe es im Mai gefühlt und hatte den Termin für August und Gott sei Dank habe ich es eher bemerkt. Aber ja, das ist halt nicht so gut gelaufen. Und ich bin dann auch später zu einem anderen Arzt gegangen. (lacht)

 

 

Wann sind Sie an Brustkrebs erkrankt?

 

Letztes Jahr, also im Sommer 2015, Juli 2015.

 

 

Haben Sie schon Erfahrungen mit anderen Therapiearten gehabt?

 

Was meint ihr mit anderen Therapiearten?

 

Also jetzt haben Sie ja die Chemotherapie und ob davor irgendwie Antihormontherapie oder Antikörpertherapie oder so war.

 

Ne, also was ich jetzt mache, also die Antihormontherapie fing jetzt mit der Bestrahlung an, also die gibt’s auch gerade für junge Leute, also ich bin nicht jung, aber für Brustkrebs relativ jung. Mein Krebs ist einer, der sich aus Östrogenen ernährt und man will dann natürlich verhindern, dass man nicht all zu viele Östrogene produziert und die hat man aber nun mal noch, wenn man nicht in den Wechseljahren war. Und dann kriegt man ein Medikament, Tamoxifen, es blockt die Rezeptoren vom Östrogen, also der Krebs kann dann nicht mehr am Östrogen andocken. Das macht dies Tamoxifen und damit hab ich jetzt während der Bestrahlung angefangen.

 

 

Haben Sie Ängste bezüglich Ihrer Krankheit?

 

Ja (lacht) Ja, also ich glaube die hat auch jeder. Das ist finde ich auch eine Sache, die ich so mit am schlimmsten finde, dass dieses Grundvertrauen in den Körper, das ist halt irgendwie weg und wenn man jetzt was hat, naja ich werde jetzt 46, da hat man ja manchmal auch Zipperlein, man liegt im Bett und es tut irgendwie die Hüfte weh und ich denk dann gleich: „Oh Gott, es ist wieder Krebs.“ Und ich glaube, dass das wieder normaler wird und, dass man dann wieder sagt: „es ist jetzt ein Zipperlein, es ist ganz normal, das Alter und so.“ Das glaube ich wird schwierig und ist glaube ich ist aber auch total notwendig, sonst dreht man irgendwann psychisch total ab.

 

 

Wie gehen Sie mit Ihre Ängsten um?

 

Ich rede viel mit meinem Mann drüber, versuche mir eine Art Strategie zu überlegen: „So jetzt komm mal runter, atme ein, atme aus und gib dem ganzem eine Woche und wenn es dann nicht weg ist, dann gehst du zum Arzt.“ Aber die Unruhe und die Angst ist eigentlich während der ganzen Zeit trotzdem da. Ist halt einfach so, ich hab halt gehört, dass so Entspannungssachen ganz gut helfen sollen…

 

Sowie Meditation oder wie?

 

Genau Meditation, das hab ich jetzt mal so ein bisschen angefangen, aber leider auch ein bisschen halbherzig glaube ich. (lacht) Ja also, irgendwie hilft mir das dann in der Situation nicht. Manchmal, wenn man dann Nachts im Bett liegt und es fängt so an (im Kopf) zu rattern, dass ich dann nicht mehr liegen bleiben kann, sondern dass ich dann denk: „Ne du stehst jetzt auf und liest oder machst irgendwas, bevor du da Non-Stop dran denkst und gar nicht mehr schlafen kannst.“

 

Da macht man sich ja nur selbst verrückt.

 

Genau, auch wenn man das weiß, es nutzt nichts, also man hat trotzdem Angst. Ist halt manchmal so. Eine Ärztin hat mal gesagt: „das wird besser mit der Zeit.“ Also, je länger man nichts, hat umso ruhiger wird man wieder werden. Das hoffe ich dann auch. (lacht)

 

 

Was macht Ihnen Mut?

 

Dass es so super erforscht ist, also Brustkrebs ist ja eine der Krebsarten, die wirklich ganz gut erforscht sind, weil, das ist nicht so schön, aber weil so viele Menschen daran erkrankt sind. Also das macht mir Mut. (…)  Und ja im Prinzip ist es das, denn so das andere, das hab ich noch nicht so, dass ich denk: “Ah ja, das wird schon werden“. Oder so, dass finde ich irgendwie eher so hohle Phrase, da kann ich nicht so richtig viel mit anfangen.

 

 

Als Sie die Diagnose Krebs bekommen haben, wie sind Sie dann damit umgegangen?

 

Das ist wahrscheinlich bei Jedem so, das hat sich so richtig ins Gehirn eingebrannt. Ich weiß noch, es war Freitagnachmittag, ich war beim Arzt und der hat mir gesagt: „Ah da ist was und das sieht aus wie Krebs“. Und ich habe das gar nicht so verstanden und irgendwann weiß ich noch hat er gesagt, weil er das gemerkt hat, das ist (…) sehr wahrscheinlich bösartig. Und dann habe ich das erst bemerkt und ich war da aber alleine und an dem Tag bin ich auch mit der S-Bahn in die Stadt gefahren und hatte meinem Mann aber versprochen, ich rufe ihn an wenn ich drinnen war. Ich weiß noch ich bin zum Dammtor gelaufen und habe ihn angerufen und habe gesagt:“ Es ist bösartig, aber ich kann jetzt nicht reden“. Weil sonst hätte ich die ganze Zeit auf der Fahrt heulen müssen und das wollte ich nicht. Ja und dann war irgendwie ein ganzes Wochenende, wo wir überlegt haben und gemacht haben und ja man konnte da ja noch nichts machen, weil die Biopsie noch ausstand. Im Prinzip habe ich überlegt, gedacht und mir Gedanken gemacht. Schon sehr verzweifelnd und immer dieses: „Ich will aber nicht sterben.“ Weil das ist das, was das Schlimmste ist für mich, dass ich denke: „Oh Gott. Da kannst du dran sterben“ Und das will ich nicht. Klar Haarverlust und was weiß ich nicht alles, das ist nicht schön, aber das sind Sachen, wo ich denke, da kommst du schon mit klar, wenn das Ergebnis nur gut ist. (lacht)

 

 

Haben Sie andere Angehörige oder Bekannte, die vor Ihnen Brustkrebs hatten?

 

Ne im Prinzip nicht, ich habe vorher im Ausland gelebt und habe da gearbeitet und, Ironie des Schicksals, die letzten 2 Jahre habe ich an der Uni gearbeitet, wo ich als Vertretung angestellt war, für eine Frau, die an Brustkrebs erkrankt war. Und mit der habe ich dann natürlich ab und an mal gesprochen, aber ich hatte sonst keinerlei Bezugspunkt dazu. Ich war auch die Erste von den Freundinnen, die das hatte.

 

 

Wie haben die Angehörigen auf die Diagnose reagiert?

 

Meine Familie wohnt nicht hier, sondern im Ruhrgebiet. Und mir war das total wichtig, dass ich denen das persönlich sage. Das heißt, ich bin dann montags hin und habe das erst meinem Vater und dann meinen Brüdern gesagt. Und da war natürlich ganz viel Angst. Da muss ich sagen, dass ich ihre Reaktionen total unterschätzt habe. Wie schlimm das für Angehörige ist. In den ersten Wochen, war ich so mit mir selber beschäftigt. Ich habe nicht mitbedacht, dass die ja natürlich auch leiden. Ich weiß, irgendwann hat mein Vater nach der zweiten Operation mal gesagt „Jetzt kann ich endlich wieder gut schlafen“ Und da hat es bei mir Klick gemacht, dass er ja natürlich auch total schlecht geschlafen hat. (…) Ich habe mir auf jeden Fall in der ersten Zeit keine Gedanken drüber gemacht.

 

 

Und ihr Mann?

 

(…) Der ist Naturwissenschaftler. Das ist auf der einen Seite natürlich total hilfreich, weil er (…) das Know-how hat (…), das ist ganz gut. Das heißt aber (er ist) auch so ein typischer Naturwissenschaftler. Sehr rational. Er hat natürlich versucht das rational anzugehen. (…) Er hat dann immer so versucht Lösungen zu finden. (…) Er hatte schon Studien angeschrieben, was ich machen sollte und so. (…) Das war halt seine Art damit umzugehen. Er hat (…) versucht zu helfen. Und letztendlich ging das aber alles nicht, weil ich (…) doch einen Lymphknotenbefall hatte. Das war doch dann schon sehr schwer für ihn. Aber halt jetzt nicht im Sinne von geweint tagelang (…), sondern im Sinne von Hilflosigkeit. Ich meine, das macht man normalerweise mit Mitte 50 oder 60 (durch), da kriegt man die ersten Zipperlein, aber nicht mit 45 (…).

 

 

Und wie gehen die Angehörigen jetzt damit um, hat sich da irgendwie was geändert?

 

Nach der Chemotherapie ist es, glaube ich, etwas ruhiger geworden. Also, weil es mir während der Zeit echt nicht so gut ging. Es hat sich ein bisschen beruhigt. Es ist aber so ein ganz empfindliches Thema. Mein Vater war, zum Beispiel, am Wochenende da und da haben wir so ein bisschen gesprochen. Sobald das Thema aufkommt, merkt man, dass das ganz schlimm für ihn ist. So „Wollen wir jetzt nicht lieber über was anderes reden?“ Nicht, weil er dann nicht drüber sprechen will, sondern weil man merkt, dass es ihm total zu schaffen. Ich glaube, im Nachhinein ist das mir erst klar geworden. Als Elternteil, (…) das eigene Kind verlieren zu können. Das ist dann, glaube ich, auch total schlimm. Das kann ich jetzt nicht sagen, aber das sagen halt sehr (…) Viele, dass das die Angst ist, die dahinter steckt.

 

 

Fühlen Sie sich von Ihren Ärzten unterstützt?

 

Sagen wir (es) mal so: Die Operation und die Chemotherapie; das war super. Ich hab das in Hamburg extra machen lassen, habe mir das aber auch extra ausgesucht. Geplant war, dass ich eigentlich in das „Maria-Hilf“ in Harburg gehe. Aber ich habe so ein Bisschen geguckt: „Wer macht viele Operationen? Was ist ein gutes Mamma-Zentrum?“ Und habe mich deshalb selber quasi nach Hamburg geschickt. Und das kann ich auch echt nur empfehlen. Das ist wirklich ganz toll fachlich und sozial-psychisch. (…) Die Bestrahlung ist okay. (…) Ich glaube, dass man sich da unheimlich viel selber schlau machen muss und selber für sich sorgen muss. Es ist vielleicht auch verständlich, aber Ärzte sagen ganz häufig dieses „Wir machen das. Ich weiß, wie es richtig ist. Ich mache es dann schnell!“ Und gar nicht gewohnt sind, dass man dann sagt „Halt stopp. Warum denn so und nicht anders?“ Ich glaube, da muss man selbst als Patient selber für sich sorgen.

 

 

Vor der Therapie, haben die Ärzte dann auch wirklich abgesprochen, was Ihre Ziele so sind oder...?

 

Ja, also einmal vor der Chemotherapie, um was es (überhaupt) geht, was man machen kann und jetzt (…) vor der Bestrahlung auch. Und dann gab es natürlich auch das Abschlussgespräch nach der Chemotherapie. Was auch ganz deutlich ohne Beschönigung oder sonst was, wirklich gut war. (…) Klar, man muss sagen, ich kann das ab und es ist in Ordnung. Es ist nicht leicht, was sie einem dann sagen. Aber eigentlich finde ich das sehr positiv, wenn da ganz ehrlich gesprochen wird. Was die dann auch gemacht haben.

 

 

Wie sollten sich Ihre Angehörigen und Freunde verhalten, dass Sie sich unterstützt fühlen?

 

Also das lief eigentlich ganz gut. Ich weiß noch, mein Freunde vom Studium, Schule und so.. Ich habe halt lange überlegt, wie sage ich es denen. Und irgendwann hatte ich dann keine Lust mehr anzurufen oder zu besuchen. Immer die gleiche Geschichte hundert tausend Mal zu erzählen. Und hab dann was, was ich eigentlich total doof finde, was für mich aber eigentlich das Einzige war, was ging. Ich habe (…) eine Email geschrieben an die engsten Freunde. Eigentlich total Banane, wie über SMS Schluss zu machen. Aber ich wollte (…) nicht mehr oft telefonieren. Einige fanden das nicht so schön, haben es aber es akzeptiert. Das, finde ich, ist auch gut. Einige haben sich dann ab und an mal gemeldet, haben mal einen Brief geschickt. Die ganz engen Freundinnen sind halt öfter mal gekommen und ich finde, so muss das dann auch sein. Bei meiner Familie war das während der Chemotherapie, dass ich so die ersten drei Tage nach direkter Gabe (Unterstützung bekam), (da) sollte man nicht so alleine sein. Und wenn mein Mann dann weg war, habe ich (…) meinen Vater kommen lassen oder meinen Bruder. Die haben dann unterstützt. So wie sie konnten.

 

 

Warum soll man dann nicht alleine sein?

 

(…) Bei dem Medikament, was ich bekommen habe, da kann die Temperatur hoch gehen. Ab 38 (°C) muss man sofort ins Krankenhaus. Man ist (…) die ersten drei Tage relativ bedröhnt. Einem wird einfach schlecht. Man darf (…) zum Beispiel nicht Autofahren. (…) Beim ersten Mal habe ich das gar nicht gewusst. Habe dann abends meinen Mann vom Bahnhof abgeholt. Und nach dem dritten Tag erst gemerkt „Wow, das ist ja alles so klar.“ Ich muss echt unter Drogen gestanden haben. Vor allem wenn man nicht gewohnt ist, so viele Medikamente zu nehmen. Es geht einem dann (…) nicht so gut und (dann) mal eben so kochen oder so, geht dann nicht einfach nicht. Die Unterstützung war ganz hilfreich. Es war einfach gut zu wissen, es ist einfach immer jemand da, wenn was ist.

 

 

Was würden Sie zu Frauen sagen, die gerade die Diagnose „Brustkrebs“ bekommen haben?

 

Meine Frauenärztin hat damals gesagt „Das wird keine schöne Zeit. Aber Sie können das schaffen.“ Und ich glaube, das ist (…) so, (also) dass man sagt „Es wird jetzt echt kacke für ein halbes Jahr. Es ist echt doof, aber es gibt so Viele, die das haben und hatten, die es geschafft haben. Dann kannst es auch schaffen!“ (…) Die eigene Person und die eigene Einstellung (sind) auch total wichtig (...). Man muss das natürlich auch wollen, (...) aber man muss sich denken „Ich hab zwar die Diagnose, aber ich hab auch einen Fahrplan und jetzt Augen zu und durch.“ Irgendwie nützt es nicht, wenn man drüber weint, weil die Haare ausfallen oder so. Man will da gesund wieder raus kommen (…). Man muss das jetzt für sich entscheiden. Es gibt auch Frauen, die die Chemotherapie nicht gewählt haben, was ich nie erwartet hätte. Es gibt so eine Berechnung, wo man sagen kann „Mensch, ich hab den und den Krebs, diesen Lymphknotenbefall. Welchen Benefit/Vorteil habe ich von der Operation?“ Und es geht von 4 Prozent bis 8 Prozent. Und irgendwie, war es mir egal. Wenn es 5 Prozent sind, dann sind es 5 Prozent mehr, dass ich das schaffe. Deswegen mache ich das. Es gab aber auch Frauen, die bei 4 Prozent gesagt haben „Der Kostennutzenfaktor ist mir da zu wenig.“ Was ja jeder für sich selbst entscheiden muss, aber dann kamen da halt so Argumente wie „Ich will die Haare nicht verlieren“ . Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Muss aber ja jeder (…) selbst für sich entscheiden.

 

 

Haben Sie noch Tipps für andere Betroffene im Bezug auf die Krankheit?

 

Wie gesagt, ich würde mich wirklich schlau machen, auch wenn es manchmal fach-chinesisch ist. Aber man muss echt wissen,(...) wovon da geredet wird. Man wird da auch anders von Ärzten behandelt. Ein bisschen mündiger. (…) Ich merke das jetzt bei der Bestrahlung. Es ist wichtig, sich nicht verrückt machen zu lassen. (…) Man sollte gucken „Was ist statistisch relevant? Was ist bewiesen?“ Und dann für sich gucken, ob man das mit sich abklären kann. Ich muss daran glauben.

 

 

Erleben Sie das Leben und Ihre Umwelt seit der Erkrankung anders?

 

Die Umwelt nicht, aber natürlich hat sich meine Einstellung (…) geändert. Das Leben geht weiter, wie es immer weiter gegangen ist – (auch) für die Anderen (um einen) herum, ist ja auch normal. Man selber ist so, dass man sagt „Ein Bisschen mehr Achtsamkeit“ oder „Jetzt ärger dich nicht darüber, es ist ja eigentlich egal.“ Ist es auch. Ich glaube, so lange man krankgeschrieben ist, ist noch alles okay. Aber wenn man erst mal wieder arbeiten gehen soll und in diesem absoluten Alltag ist, dann hoffe ich, ich kann mir das so ein bisschen beibehalten.

 

 

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?

 

Dass ich natürlich alles positiv geschafft habe, nicht mehr erkranke und dass der Krebs besiegt ist. Obwohl besiegt... Eben, dass ich geheilt bin. Und dass ich ganz alt werde. Und das was Krebs eigentlich sein kann. (…) Ein Weckruf „Wie sind die Dinge? Was ist gut? Was kann ich anders machen?“ Dass ich das so ein bisschen beibehalten kann, das wünsche ich mir.

 

 

Sie meinten eben „Kostennutzenfaktor“, müssen Sie denn irgendwas selbst bezahlen?

 

Nein, Kostennutzenfaktor im Sinne von „Sind mir die 4 Prozent wert?“ Man muss (…)  immer etwas bezahlen, zum Beispiel Medikamenten, nach Operation die BHs und sowas. Sonst nichts. Kostennutzenfaktor meinte ich mit „Sind mir die 4 Prozent wert, dass es mir ein halbes Jahr lang schlecht geht?“ Eine Bekannte hatte auch mal Chemotherapie und die musste nach dieser, weil sie privat versichert war oder Beamtin,(...) die musste auf jeden Fall für eine Operation, Behandlung und alles drum herum, 20.000€ zahlen. Da ist die Bestrahlung noch nicht bei. Da muss ich sagen, da bin ich sehr froh, dass mir das jetzt in Deutschland passiert ist und nicht woanders. Ein bisschen Dankbarkeit an das deutsche Gesundheitssystem gegenüber `lacht` Und dann kommt ja aber noch mehr.. Reha zum Beispiel.

 

 

Welche Art von Brustkrebs haben Sie? Drüsenläppchen oder in den Milchgängen?

 

In den Milchgängen, mein Tumor war 2 Zentimeter groß und ich hab die Art Brustkrebs(, die hormonabhängig ist), wo man echt froh sein kann, dass ich das habe. Im Prinzip wurde mir auch die Mamille raus operiert. (…) Man fängt nach einiger Zeit dann an, dass man sich denkt „Es ist alles okay!“ Es muss halt nachher wieder gut sein. Es hört sich schlimmer an, als es ist.